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Versammlungsprotokoll, 10. Oktober 1934 (Meeting Transcript, October 10, 1934)

EA 34/65

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date October 10, 1934
Document Id 0000000115_19_S
Available Transcriptions German

Versammlungsprotokoll, 10. Oktober 1934

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 34/65

Gemeindestunde

10. Oktober, 1934

(Persönliche Worte Über Else Boller, Eugen Lenz und Hans Vocke)

Eberhard: Wir haben eine ganz grosse Freude, dass unsere Else Boller mit dem Kindchen zurückgekehrt ist, ganz besonders aber über das, was sie uns mitgebracht hat, einmal dieses geliebte Kindchen, so klein und zart, wie es ist und dann ein inneres Erlebnis, was mir sehr bedeutungsvoll zu sein scheint. Emy hatte ihr schon von Silum aus geschrieben, dass sie wünsche, dass mit diesem neuen Kindchen auch eine neue Geistesgeburt eintreten möchte. Das scheint auch eingetreten zu sein. Nachdem, was Else mit strahlendem Gesicht mitteilte, hatte ich den Eindruck, dass etwas sehr Tiefes in ihr vorgegangen ist, und zwar hängt das zusammen mit all den Erlebnissen der letzten Monate und damit, dass Else zum ersten mal gründlich die Einleitung zu den "Ersten Christen" gelesen hat und dass ihr da die grosse Gnade aufgegangen ist, sodass sie den Geist Jesu Christi als den Geist eines völlig neuen Lebensanfangs in der Nachfolge Christi und in der Gemeinde völliger Gemeinschaft in besonderer Weise empfangen zu haben bezeugt. Als die Gemeinde vorhin an ihren Fenstern gesungen hat, da war es ihr , als ob sie ins Paradies heimgekehrt sei und sie hätte eine ganz gewaltige Freude erlebt, dass sie wieder in der Mitte der glaubenden und liebenden Gemeinde sein darf, nach der sie diesmal ein besonders tiefes Heimweh gehabt habe und sie sah so Überirdisch dabei aus ... aber ich habe die Hoffnung, dass das gerade jetzt erfolgen könnte und sollte, dass sie als

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eine ganz erneuerte Else Boller unter uns bleiben darf, und wir wollen deshalb mit besonderer Dankbarkeit in der Fürbitte ihrer und der ganzen Familie Boller gedenken.

Dann habe ich noch weiter mitzuteilen, von Hans Vocke, dass er zu meiner grossen Freude von selbst zu der Einsicht gekommen ist, dass die Teilnahme an der Gemeindestunde über seine innere Reife geht. Ich hatte ihn gebeten, in die Bruderschaftsstube zu kommen. Bevor ich etwas sagte, sagte er, er hätte die Bitte, dass er der Gemeindestunde und Konzentration und Meditation noch fernbleiben dürfe; er fühlte deutlich, dass er das noch nicht ganz fassen könnte. Das hat mich gefreut! Das ist ein Beweis innerer Redlichkeit. Ich habe auch eine Freude daran, wenn das innere Wachstum in neu werdenden Menschen seinen langsamen rechten Weg geht, und so sagte er auch, er fühlte, dass er gradezu zum Heuchler werden würde, wenn er jetzt schon weiter an dieser Anbetung und Anrufung teilnehmen würde. Möchte uns das eine tiefe Mahnung sein

Dann habe ich von Eugen Lenz mitzuteilen, dass er uns zunächst verlassen wird, weil er 2500.- in eine Schlächterei (?) gesteckt hat und in Gefahr steht 1500.- zu verlieren. … Und das ist ihm wichtig. In diesem Zusammenhang sagte er, dass er sich hier sehr glücklich fühle und sehr viel Schönes erkennt, das wäre wonach er sich immer gesehnt hätte; aber er könnte im Glauben gar nicht mit, es fehle ihm jeder Glaube, dass Christus auf wunderbare Weise geboren sei -- Wunder getan hat und dass er von den Toten auferstanden sei ... Ihm sei Jesus ein Lehrer der Menschheit, wie es auch andere bedeutende Sittenlehrer gegeben habe. Er hat eine Angst, dass es zu Konflikten kommen könnte, die sehr schwierig

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sein würden und es könnte sein, dass er nicht wiederkommt. Aber sehr interessant ist diese Sache und sehr dankwürdig ist dieses Ereignis. Wir sollten sehr innerlich für ihn eintreten; ich habe gesagt: siehst du nicht, dass solche Sachen deiner unwürdig sind? Du sollst etwas ganz anderes sein und werden. Hoffentlich kommt es! Ich habe auch gesagt, dass wir in Glaubenssachen durchaus nicht engherzig sind, dass wir die tiefste und festeste Gewissheit der Wahrheit mit einem tiefen Verständnis verbinden für den ausgestreuten Samen der Wahrheit, der in verschiedener Weise im Menschenherzen lebt. Irgend etwas von der Wahrheit Christi ist in jedem Menschen und so auch in Eugen Lenz, aber noch verbunden mit Elementen des Unglaubens, und ich würde mich freuen, wenn wir diesen Kampf aufnehmen dürften mit ihm.