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Published Manuscript
Zu "Abwehr und Angriff im Wahlkampf"
EA 21/34
Additional Information | |
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Author | Eberhard Arnold |
Date | March 27, 1921 |
Document Id | 20126081_13_S |
Zu "Abwehr und Angriff im Wahlkampf"
[Arnold, Eberhard and Emmy papers - P.M.S.]
EA 21/34
Das neue Werk, 27. März 1921
Zu "Abwehr und Angriff im Wahlkampf"
Für unsere Erwiderung auf den Wahlaufruf des Pressebundes Deutscher Gemeinschaftschristen sind uns zahlreiche Zustimmungen zugegangen. Die Nummer 23/24 des "Neuen Werkes" wird so stark nachbestellt, daß wir an einen Neudruck denken, wenn noch 500 Bestellungen einlaufen. Wir bitten, sich an die Schriftleitung zu wenden, wer die vorliegende und vorige Nummer zu Werbezwecken benötigt.
Es hat uns gefreut, daß auch Tageszeitungen wie die "Frankfurter Zeitung" und der "Aufwärts" unserem Wahrheitszeugnis in wesentlichem Verständnis nahegekommen sind.
Das Flugblatt "Der Pressebund" enthält keine einzelne Unterschrift, sondern vielmehr am Schlusse des Blattes unter der Überschrift "Der Arbeitsausschuß des Pressebundes Deutscher Gemeinschaftschristen" die sämtlichen Namen, die wir in der vorigen Nummer nannten. Offenbar gehört es zu den bedauerlichen Irreführungen, deren sich das Flugblatt objektiv schuldig gemacht hat, daß die in dieser Weise auf dem Flugblatt aufgeführten Namen nicht als verantwortlich hinter dem Inhalt des Flugblattes stehen. So bekamen wir folgende Zuschriften:
I.
Mir kam heute Ihr Heft "Das neue Werk" in die Hand, in dem Sie sich wenden gegen das Wahlflugblatt des Pressebundes Deutscher Gemeinschaftschristen. Sie machen sich insofern einer Irreführung schuldig, weil Sie die Namen auf Seite 571 als Unterschriften zu dem Flugblatt hinstellen. Diese Namen stellten aber keine Unterschriften dar, sondern waren dem Flugblatt zur Bekanntgabe angefügt. Ich selbst habe das Flugblatt vor Drucklegung nicht unter Augen gehabt. Als es mir kurz vor dem Wahltag gedruckt vorlag, habe ich sofort meine Mißbilligung ausgesprochen und den Generalsekretär des Pressebundes gebeten, meinen Namen aus dem Arbeitsausschuß zu streichen. Ich habe in meinem Leben stets so weit nach rechts gewählt als möglich, obgleich ich immer ein warmes Herz für die Arbeiter hatte. Doch halte ich es für grundfalsch die Deutsche Gemeinschaftsbewegung auf die Deutsch-nationale Volkspartei festzulegen. Aus diesem Grunde habe ich auch das Flugblatt vom ersten Augenblick an verurteilt und die Konsequenz daraus gezogen. Insbesondere hat es mir auch aufs höchste mißfallen, daß in dem betreffenden Flugblatt Familienangelegenheiten von Parteiführern behandelt wurden. In einer diesbezüglichen Notiz, die ich schon länger an "Auf der Warte" eingeschickt habe, die aber noch nicht veröffentlicht ist, habe ich klar ausgesprochen, daß ich dies für ungehörig erachte, zumal ich jedenfalls völlig außerstande bin, für
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die objektive Wahrheit solche Erzählungen einzustehen. Es handelt sich also bei der Angelegenheit um einen Mißbrauch meines Namens, denn wenn der Verfasser sich auch darauf berufen kann, daß der Name keine Unterschrift darstellt, so ist dies doch tatsächlich allgemein so aufgefaßt worden. Ich bitte Sie, meine Zeilen in Ihrem geschätzten Blatt zwecks Richtigstellung zu veröffentlichen.
"Prediger Heinrich Dallmeyer, Schildesche bei Bielefeld."
2.
Im "Neuen Werk" Nr. 23/24 vom 20. 2. 21 wird anläßlich der Besprechung eines politischen Wahlflugblattes des "Pressebundes deutscher Gemeinschaftschristen" bei der Aufzählung einer Reihe Unterschriften auch mein Name genannt. Mir war weder dieses Verteilblatt bisher bekannt - erst am 24. 2. 21 konnte ich ein Stück beschaffen - noch habe ich jemand die Genehmigung erteilt, meinen Namen unter einen derartigen Aufruf zu setzen. Meiner Vermutung nach ist der Aufruf alleiniges Erzeugnis des am Fuße des Blattes genannten Schriftstellers; ich muß jedoch einsehen, daß die ganze Form - wie die Namen des Arbeitsausschusses unter dem Blatte erscheinen - bei jedem unbefangenen Leser die Ansicht erwecken wird, der Aufruf sei im Namen sämtlicher Herren erlassen worden. Meinen Namen habe ich vor längerer Zeit allein für einen Aufruf des Pressebundes deutscher Gemeinschaftschristen geliehen, der die Unterstützung der christlichen Presse bezweckte. Zu diesem parteipolitischen Wahlaufrufe stehe ich in keiner Beziehung. Für eine politische Partei Stimmen zu werben unter Berufung auf die Verantwortung im Jüngsten Gericht muß ich - weil nicht vereinbar mit dem Geiste des biblischen Urchristentums - schlechthin für verwerflich halten. Ich bitte sehr, diese Richtigstellung um meiner öffentlichen Wirksamkeit im Jugendwerk willen bald möglichst bringen zu wollen.
"Bundessekretär Wilhelm Dornemann, Hagen (Westf.)"
In unserem eigenen Kreise wurde das Bedürfnis laut, daß wir uns ganz in das wesentliche innere Leben des sachlichen Gegners hineinversetzen müssen, um ihm von seinem eigenen Lebenszentrum aus sagen zu können, worum es sich handelt. Dies wird uns in dem vorliegenden Falle nicht schwer; denn wo die Gemeinschaftsbewegung lebendig ist, wissen wir uns als ihre Brüder und Schwestern. Wir haben mit ihr dasselbe gemeinsame Leben von Gott in Christus Jesus. Wo in der Gemeinschaftsbewegung der lebendige Geist herrschend geblieben ist, handelt es sich um Jesus Christus und seine Gemeinde und um sein kommendes Reich. Das Evangelium der Worte Jesu, das neutestamentliche Zeugnis des gekreuzigten Erretters, des auferstandenen gegenwärtigen Herrn und des wiederkommenden Königs ist das Einzige, wofür ein Gemeinschaftschrist leben und sterben kann.
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Hierin sind wir eins und gehören zu der einen einzigen, untrennbaren Gemeinde, die auf die Herstellung des Gottesreiches auf dieser Erde wartet. Vom neuen Testament aus kann man unschwer erkennen, daß eine politische Partei, die mit den reichen Volksklassen stärker verbunden ist als mit den armen, für Militär und Krieg ebenso viel übrig hat, wie für die antisemitische Bekämpfung des Volkes Gottes - - unmöglich die Partei der Jesusjünger und der Gemeinschaftschristen sein kann. Die biblische Botschaft Jesu und der Apostel richtet sich gegen die Reichen und gegen die Priester: "Sammelt Euch nicht Schätze auf der Erde" (Matth. 6, Vers 19) "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon" (Matth. 6, Vers 24) "Wehe Euch Reichen" (Luk. 6, Vers 24). Der Jakobusbrief schleudert den Kapitalisten und Großgrundbesitzern denselben Gewissensvorwurf entgegen, wie die heutigen Sozialisten. Die sozialistische Theorie vom Mehrwert ist ja nichts anderes als die Anklage, daß die Reichen den arbeitenden Armen den Lohn vorenthalten haben. "Wohlan nun, ihr Reichen, weinet und heulet ob der Unglücksschläge, die über euch kommen. Euer Reichtum ist verfault, und eure Gewänder sind Mottenfraß geworden, euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird euch zum Zeugnis sein, und euer Fleisch wird der Rost wie Feuer fressen. Ihr habt Schätze gesammelt in letzten Tagen. Siehe der Lohn der Arbeiter, die eure Äcker gemäht haben, der von euch vorenthalten ist, schreit, und die Klagerufe der Schnitter sind zu den Ohren des Herrn Zebaoth gekommen. Ihr habt geschwelgt auf der Erde und gepraßt, ihr habt gemästet eure Herzen am Schlachttage. Ihr habt verurteilt, habt getötet den Gerechten; er widersetzt sich euch nicht. So geduldet euch nun Brüder bis zur Ankunft des Herrn", (Jak. 5, Vers 1-7). Die heutige Gemeinschaftsbewegung ist im Geldpunkt in ihrem Gewissen nicht so klar und entschieden, wie anderen Sünden und Weltlichkeiten gegenüber. In der urchristlichen Gemeinde wurden nicht nur die Hurer, sondern ebenso die Räuber und Geldliebenden ausgeschlossen, als außerhalb des Gotteslebens festgestellt: "Nun aber schrieb ich euch, ihr solltet keine Gemeinschaft haben, wenn einer, der Bruder genannt wird, ein Hurer oder Geldliebender oder ein Götzendiener oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber, ihr solltet mit einem solchen nicht einmal Tischgemeinschaft haben" (1. Kor. 5, Vers 11). "Wisset ihr nicht, daß Ungerechte Gottes Reich nicht ererben werden? Irret euch nicht, weder Hurer noch Götzendiener, noch Ehebrecher, noch Wüstlinge, noch Männerschänder, noch Diebe, noch Geldliebende, nicht Trunkenbolde, nicht Lästerer, nicht Räuber werden Gottes Reich ererben!" (1 Kor. 6, Vers 9-10).
Mit ihnen kommt es in unseren Tagen auf die Schulderkenntnis an, inwieweit jeder Vermögensgewinn Räuberei inwieweit jedes Festhalten finanzieller Vorrechte, ein Diebstahl an den erarbeiteten Arbeitswerten anderer ist, inwiefern jede Geldliebe, jedes Festhalten eines Vermögens,
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jedes Verlangen nach Besitz im entscheidenden Gegensatz zur Gottesliebe, steht. Der Kreuzweg Jesu bedeutete, daß er nichts wie ein Raub festhielt, sondern arm wurde bis zum Verlust des eignen Lebens, arm aus Liebe, damit alle reich werden können.
Die Gemeinschaftsbewegung sollte zu einer neuen Erweckung erwachen in welcher sie die Geldliebe und Mammonssucht, Gesellschaftsdünkel und sozialen Hochmut aus ihren Kreisen ebenso entfernt, wie sie gegen andere Sünden und Weltlichkeiten kämpft. Sobald die gläubige Gemeinde diesen Kampf ebenso aufnimmt, wie ihn Jesus und die ersten Christen aufgenommen haben, kann sie nicht mehr darüber zweifelhaft sein, daß das reine Zeugnis des Evangeliums unmöglich mit der Parteipolitik der "Deutschnationalen Volkspartei" als einer Art Interessenvertretung verbunden werden kann, wie es der Wahlaufruf des Pressebundes Deutscher Gemeinschaftschristen tut. Wir rufen die Gemeinschaftschristen im kirchlichen und außerkirchlichen Lager auf, mit uns und der ganzen Gemeinde Christi gemeinsam den heiligen Kampf gegen Sünde und Teufel, gegen Mammon, Mord und Lüge, gegen die unreinen Geister aller Art zu führen, und das Zeugnis des Evangeliums, das biblische Licht der Gemeinde, die Bürgerschaft in dem Himmelreich treuer zu bewahren und reiner zu verkünden, als es bisher geschehen ist.
Neu-Werk.
[Probably written by Eberhard Arnold]