Transcribed Shorthand

Versammlungsprotokoll, Juli 1931

EA 31/65

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date July 01, 1931
Document Id 20126084_31_S
Available Transcriptions German

Versammlungsprotokoll, Juli 1931

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 31/65

Freundschaften innerhalb der Gemeinde

(cont. of mtg EA 3a)

Juli 1931

Eberhard: Welche Unklarheit war es, warum du nicht in die Stunde kommen konntest?

Die Unklarheit bestand darin, dass du dich an einem Menschen gebunden hast, zu dem du keinerlei Freiheit und Recht hast.

Welche neue Position musst du gewinnen, um nicht erneut in eine tragische Schuld zu fallen?

Diese tragische Schuld verwickelt sich sehr. Wenn du jetzt eine neue Stellungnahme, eine neu Position gewinnen willst, dann kann das nur eine neue Stellungnahme zur Gemeinde sein. Nicht um eine neue Stellungnahme zu einem Menschen handelt es sich, sondern es kann sich nur um ein Gemeinschaftserlebnis handeln, dass der Gemeindegeist über uns kommt und dass er uns mit heiligen Flammen entzündet.

Warum der jugendliche Mensch, dessen Charakter noch nicht einen bestimmt eingeprägten Stempel hat, dessen Beruf noch nicht entschieden ist, sich noch nicht binden und auch niemand an sich binden kann.

Die Berufsfrage kann nur geklärt werden im Auftrag der Gemeinde. Der Charakter kann nur in der harten, selbstvergessenen Arbeit der Gemeinde entfaltet werden. Du siehst, dass die Altersfrage da vollständig verschwindet, weil du endlich wieder die Ertüchtigung für den Gemeinschaftswillen bekommen musst.

Was haben wir von der Jugendbewegung aus für Freundschaften begrüßt?

- - -

Wie war es in der Jugendbewegung?

Du wirst einfach wieder hineintreten in den Kreis der Erziehungsgemeinschaft, der Demut und Kleinheit und nichts Besonderes beanspruchen, ein schlichter Mensch werden.

Was ist die dem jugendlichen Wesen entsprechende Freundschaft?

Eine Freude an Körper, Seele und Geist, aber die Freude ist frei von der körperlichen Begehrlichkeit und frei von jeder körper-seelischen Bindung in Verlobung und Hochzeit.

Wie war das Erlebnis im Sonnentrupp?

Frage zu dem Erlebnis unserer jugendlichen Menschen, wie es im Sonnentrupp wirklich gewesen ist?

Hier ist ein gemeinsames religiöses Glaubenserlebnis und eine gemeinsame religiöse Geistesluft, die die jungen Menschen beschwingt, und da ist das Kreiserlebnis noch sehr viel geschützter, während es in der Jugendbewegung nur geschützt war durch das jugendliche Alter und durch den idealen Hochflug der jugendlichen Kraft.

In unserem Sonnentrupp war dieses Geisteserlebnis des Glaubens so stark, dass demgegenüber diese peinliche Wendung verkehrt wäre, wenn der Gedanke auftauchte, es darf immer nur einer mit einem befreundet sein. So ist ein Fremdkörper hineingetrieben worden. Solange sie dem jugendlichen Alter angehören, sollten sie sich hüten vor einer Freundschaft, vor einer Verbindung nur mit einem oder mit einer. Auch die Freundschaftsbindungen eines Buben mit einem Buben entspricht unserer Glaubenskraft und Gemeinschaftskraft nicht. Wohl aber die Verlobung und Ehe, die in diesem Zusammenhang jetzt nicht genannt zu werden braucht.

- - -

(da wir ja gerade die drei Eheschließungen gehabt haben) …

Die letzte Kreiseinheit ist die Gemeinde.

…….

Ich sehe die Krankheit deiner Freundschaft darin, dass du dadurch nicht in die Gemeinschaft hineingewachsen bist, sondern du bist dadurch geradezu von dem Gemeindeerlebnis abgetrieben worden.

Das Gemeinschaftserlebnis ist ein Kreiserlebnis, welches aber nicht ein Kreis in der Ebene ist, nicht in der Waagerechten, sondern ein Kreis in der Horizontale, auf welchen der Geist herabgesandt wird, das Feuer vom Himmel herabfällt und ihn erfüllt und durchdringt, dass so Gemeinde wird.

(Es ist) der Gemeinschaftsgeist, der alles andere lässt und aufgibt, um die Demut zu gewinnen. Die Demut kennt die Bereitschaft, mit den schwachen Gaben, die man hat, zufrieden zu sein. Deshalb kann sie nicht verzweifeln, kann nicht herabfallen; denn sie ist ja nicht hoch. An dem rechten Standort, am rechten Punkt sich fruchtbar einzusetzen in gedeihlicher Arbeit, in dem Bewusstsein der eigenen Kleinheit. Es kann nur der demütig sein, der überzeugt ist von seiner eigenen Kleinheit. Der kann nicht mehr verzweifeln. Die Verzweiflung kann nur dort eintreten, wo der Mensch sich krampfhaft zu einer Höhe oder Bedeutung heraufgesteigert hat, von der er dann herabfällt. Ganz anders der demütige Mensch, er kann nicht herabfallen, weil er nicht hoch steht. Dies ist nur möglich auf dem Boden der Erlösung. Irgend eine eingebildete Fruchtbarkeit ist unmöglich.

……

Deshalb drängt sich auch der demütige Mensch nicht zu einer hervorstechenden Tätigkeit – er liebt die Kleinheit des Dienstes, wenn sie nur fruchtbar ist, wenn sie nur alle ihm verliehenen Kräfte auslöst. Das kommt aber nur dann, wenn das Gemeinschaftserlebnis mit der Feuertaufe, mit dem Geist erfüllt ist.