Transcribed Shorthand

Versammlungsprotokoll, Januar 1933

EA 33/01

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date January 01, 1933
Document Id 20126090_40_S
Available Transcriptions German

Versammlungsprotokoll, Januar 1933

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 33/1

Gemeinde und Kommunismus

Januar 1933

(Der Anfang fehlt.)

…. deshalb haben schon verschiedene von uns, als wir noch im bürgerlichen Leben standen, uns bewusst auf die Seites des Proletariats gestellt; denn uns war es klar, dass der … wesentlich war. Wohl hatten diese Bewegungen ein Ziel und an dieses Ziel mussten sie glauben. Man sieht das am deutlichsten bei der … Sozialdemokratie. Und doch fehlte auch bei den radikalsten Elementen dieser proletarischen Bewegung fast überall eine feste und letzte Begründung des Glaubens, ein Urgrund, ein lebendiger Untergrund dieses Glaubens, und das ist schwer, das ist für die Betreffenden ein außerordentlich schweres Hineinkommen(?). Denn das genügt nicht, einer Geschichtsbetrachtung zu huldigen, aus welcher schließlich eine Vereinigung kommen muss. Es genügt nicht, dass man an eine Verteilung glaubt, sondern wenn man das wirklich glauben will, dann muss man diesen geschichtlichen Prinzipien gegenüber doch ein objektives Moment haben.

Die ungeheuerliche Distanz kann nur dann in einer Harmonie enden, wenn ein harmonisches Empfinden die Distanz zu einer Harmonie bringt. Wir wissen, dass es viele Menschen gibt, die an einen persönlichen Gott nicht glauben können, weil er ihnen falsch dargestellt worden ist. Es fehlt an dem tiefen Erfassen,

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dass Gott Geist ist, es fehlt an der Einsicht, dass Geist zusammenfassender Geist ist, es fehlt an der Erkenntnis, und an der Anerkenntnis, dass Geist alles zusammenbringt, dass Geist die Kulturseele, die aufbauende Kraft aller schöpferischen Liebe, dass Geist Liebe ist … nicht romantisch, sondern vielmehr eine Liebe der Tat und der Arbeit, eine Liebe des Sozialismus und Kommunismus, die sich füreinander einsetzt, weil man für die gemeinsame Sache steht und fällt.

Nun hat aber nicht nur der allgemeine religiöse Begriff „Kirche“ so ungeheuer viel geschadet, weil alle diese Bewegungen im Namen Christi, des Sohnes der Maria, eine derartige antichristliche Lebenshaltung bekundeten, dass dadurch der Mammon, die schamlose und schändliche Unterdrückung gleichsam als … eingeführt wurde, ähnlich wie man in Negergebieten erst den Missionar vorausgeschickt, dann kam der Kaufmann mit Kaffee und Rauschgiften und nachher Soldaten, (alle) zusammen für diese sogenannte europäische Zivilisation, welche diese betr. Neger(gebiete) verwüstete. Die Engländer haben einen Negerstamm mit Stumpf und Stiel ausgerottet, dass heute nicht ein einziger Mann, nicht ein einziges Kind mehr übrig ist, im Namen Jesu.

Friedrich Nietzsche: Wir haben das Christentum so weit getrieben, dass wir die Verachtung … die schamloseste Unterdrückung und Heuchelei, die die Welt jemals gesehen hat. Aus allen diesen Gründen kann man es verstehen, dass die Gottlosenbewegung nicht etwa nur aus Hass und Abscheu gegen eine

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gefürchtete religiöse Einflusskraft, sondern aus tatsächlicher Empörung gegen die Ungerechtigkeit und Niedertracht, gegen alles Kirchentum zu Felde zieht. Ich will damit nur sagen, dass solche Bewegungen, wie die des Kommunismus eine starke Abneigung gegen einen tieferen Glaubensgrund haben, und doch werden sie zugrunde gehen, wenn sie dieses innerste tiefste Moment nicht finden.

Uns ist es so gegangen, das wir von Jesus selbst berührt worden sind und wir haben erkannt, dass seine Gestalt verfälscht worden ist im Laufe der Jahrhunderte in das krasse Gegenteil, genau das, was Jesus bekämpft hat, dadurch ist die Gestalt und das Wort Jesu mit einem solchen Dunstkreis falscher Auslegungen (umgeben), dass es kaum noch möglich ist, Jesus zu erkennen. Daraufhin haben wir uns, jeder an seinem Platz, …, dass wir Jesus wieder so erfassen müssen, wie er wirklich ist; als einen befreienden Geist, der und von allem Eigentum und Eigenwillen frei macht, dass wir nun als eigentumslose Gemeinschafter miteinander leben können. So hoffen wir, der verdunkelten Welt ein kleines Licht geben zu können, damit die Menschen erkennen: Der lebendige Geist Jesu, seiner Gemeinde, lebt ein Leben der Tat und der Liebe, welches eine völlige Einheit und Gemeinschaft und Gerechtigkeit hervorbringt, eine Kraft der gegenseitigen Hilfe und des Dienstes, wodurch offenbar wird: es gibt ein Gerechtigkeitsziel völliger Gemeinschaft, Einheit und Gemeinschaft, ein Gerechtigkeitsziel, welches den Geist der Einheit in allem erweist. Es gibt eine Gerechtigkeit, die wie jede Harmonie Ganzheit in objektiver

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Mannigfaltigkeit ist. Es gibt eine Einheit, die in der Tätigkeit der verschiedensten Kraftwirkungen zu völliger Einheit führt.

Dieses Leben ist an den Namen, an den Geist Jesu gebunden. Dieses Leben gibt durch seinen Geist eine Überwindung des Abstandes zwischen Geist und Stoff, so dass nun die Materie selbst gestaltet wird, dass nun eine neue Verleiblichung stattfindet, welche die Materie neu gestaltet, nämlich in dem Sinne der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude, der Einfachheit, und doch im Sinne der reichsten Mannigfaltigkeit, die nur möglich ist in dem Kommunismus der Liebe; das ist der Kommunismus, zu dem wir uns bekennen. Es ist kein ökonomischer Kommunismus ….

STREIK:

Wir würden den Streikern unsere volle Sympathie zuwenden, und wir würden ihnen unsere Häuser öffnen, wenn sie in Not und Bedrängnis kommen würden infolge des Streiks.

… dass es doch unter diesen kommunistischen Arbeitern sich immer wieder zeigt: es fehlt doch letztlich an der Menschlichkeit, an der Geistigkeit. Wir glauben auch (nicht) an diese Bemühungen, (denn wir wissen), dass für den Proletarier kaum die Möglichkeit besteht, dass man aus eigener Kraft die Unbeseeltheit überwindet; denn die ganze Arbeit ist so eingerichtet, dass eine Entseelung, Entgeistung

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suggestiv vor sich geht. Es müsste von einer kommunistischen Gerechtigkeitsbewegung eine solche geistige Bewegtheit vor sich gehen, dass die Menschen ausgerüstet würden mit Geistkräften.

Die Eigennützigkeit bei den Kollektiven

Ich wundere mich nicht darüber. Es ist nicht möglich, auf rein materialistischer Grundlage diese Einheit durchzusetzen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Einstimmigkeit durch die Einheit des unter uns wirkenden Geistes ist. Wir glauben, dass vom Geist aus die Materie und die materiellen Dinge neu gestaltet werden. Wir gehen aus vom Geist der Einheit. Wir wollen ja weder Bolschewisten noch Drakonisten sein. Sie gehen oft aus von den materiellen Bedürfnissen.

Wir wollen Menschen werden mit allen uns verliehenen Kräften.