Transcribed Shorthand

Versammlungsprotokoll, 30. Oktober 1933 (Meeting Transcript, October 30, 1933)

EA 33/19

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date October 30, 1933
Document Id 20126090_57_S
Available Transcriptions English German

Meeting Transcript, October 30, 1933

[Arnold, Eberhard and Emmy papers – T.S.H.]

[Draft Translation by Bruderhof Historical Archive]

EA 33/19

The Deepest Need

Gemeindestunde, October 30, 1933

The deepest need we have to fear is by no means the need of being persecuted, however hard such times will be for us—as we can see from the history of the brothers—and however difficult it will be when these outward hardships are laid upon us. That would not be a deep need, not the deepest need. The deepest need begins when we no longer feel the grace, when we no longer are visited by the Spirit who gives us light, who gives us clarity, who gives us unity. The deepest need is when man seeks in a wrong way; when he does not see that he is persisting in his self-will; when he does not see that he is unwilling to surrender what is his and can therefore not be freed from self.

The greatest need is there when fear overcomes a man, fear that he might become weak in the face of persecution. For this fear tells him that he is already losing the firm connection with God. Therefore it is important for us in these difficult, uncertain times that we find the wisdom, that we are not overcome by fear in the face of the threatening danger. For there is no doubt that we are in great outward danger. Humanly seen we are standing before deep waters across which no one wants to lead us, across which no firm bridge leads; we are standing at a border where passports are demanded and we do not have the passport that is asked of us. Yet let us remain assured that we do have the right passport for a different border, the border between the world of fear, uncertainty, and terror, and the world of the Holy Spirit, of certainty and faith.

Do we all know this deepest need? Do we all know that help which wants to lead us out of this deepest need? Do we also know what it is that constantly threatens us and wants to hurl us into this deepest need? It is to let go of love, the absolute love, the absolute purity of our hearts, the total readiness to surrender all that is ours, including the last shreds of self-will, personal ambition, personal opinion, personal convictions, for the sake of our unity with the Spirit of the church.

We need this total readiness if we do not want to come into the greatest danger, the danger of being abandoned by the Spirit.

These days we need it in a special way. We know that we have been weakened by the fact that several brothers and sisters cannot be with us. We know that we are under attack by that power which cannot tolerate the existence of a church that recognizes Jesus Christ alone as the Lord before whom she bends her knee. We need absolute unanimity. We cannot bear for even one link of the chain to become weak, for then the whole chain would break. How can these links become so firm that the chain cannot be torn apart when it is put to the test of strain?

We know that we have to wait for God in his grace and compassion to bestow upon us anew the gift of his Spirit; he will judge us and set us right, and we must become willing to be judged in our hearts. We know that everything depends on whether we find the attitude of surrender, whether we have the undivided heart to give up completely anything we may have of our own and simply wait—knowing our own inadequacy—for the undeserved grace of being newly united and gathered by God, receiving from God the firm trust and certainty that no link of the chain will break when the tugging and tearing starts.

Therefore we want to open ourselves completely tonight and wait and hope that the mystery of gathering in the true church may be given to us. In silent devotion we want to hold ourselves ready for whatever God wants to do with us.

Versammlungsprotokoll, 30. Oktober 1933

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 33/19

Gemeindestunde, 30. Oktober 1933

Die tiefste Not, die wir zu fürchten haben ist keineswegs die Not unserer Verfolgung, so schwer sie auch – wie wir an dem Stück Geschichte der Brüder erfahren haben – solche Zeiten auch für uns sein werden und so hart es uns ankommen wird, wenn diese äußeren Schwierigkeiten uns auferlegt werden. Es wäre nicht die tiefe Not, nicht die tiefste Not; sondern die tiefste Not beginnt dort, wo wir nicht mehr die Gnade verspüren, wenn wir nicht mehr besucht werden von dem Geist, der uns Licht gibt, der uns Klarheit gibt, der uns Einheit gibt. Die tiefste Not ist dort, wo der Mensch in falscher Weise sucht, wo er es nicht erkennt, wenn er in seinem Eigenwillen verharrt, wenn er nicht spürt, wo er das Eigene nicht lassen will und darum nicht befreit werden kann vom Eigenen.

Die größte Not ist dort, wo die Angst den Menschen überkommt, dass er schwach werden könnte in der Verfolgung. Denn diese Angst sagt es ihm, dass er ja schon im Begriff ist, die starke Verbindung mit Gott zu verlieren. Und darum kommt es in dieser schweren, unsicheren Zeit für uns darauf an, dass wir die Weisheit finden, dass wir es nicht mit der Angst zu tun bekommen angesichts der drohenden Gefahr. Denn es steht außer Zweifel, dass wir in großer äußerer Gefahr stehen, dass wir menschlich betrachtet an einem Wasser stehen, über das uns niemand führen will, über das keine feste Brücke führt; dass wir an einer Grenze stehen, wo die Pässe verlangt werden, und wir haben nicht den Pass, der gefordert wird. Aber wenn wir nur darin versichert bleiben, dass wir für eine andere Grenze den richtigen Pass vorzuweisen haben, nämlich dort, wo die Grenze zwischen der Welt der Angst und der Ungewissheit und des Erschreckens, und der Welt des heiligen Geistes, der Welt der Gewissheit, der Welt des Glaubens geht!

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Kennen wir alle diese tiefste Not? Kennen wir alle diese Hilfe, die uns aus dieser tiefsten Not herausführen will? Kennen wir auch das, was uns beständig bedroht und uns in die tiefste Not hineinstürzen will? Nämlich, das wir loslassen von der Liebe, von der völligen Liebe, von der völligen Lauterkeit unseres Herzens, von der völligen Bereitschaft um unserer Einheit mit dem Geist der Gemeinde willen, alles Eigne, auch den letzten Rest von eigenem Willem, eigenem Streben, eigener Meinung, eigenem für gut finden, hinzugeben.

Wir brauchen, wenn wir nicht in größte Gefahr kommen wollen, nämlich in die Gefahr, vom Geist verlassen zu werden, diese völlige Bereitschaft. Wir brauchen sie in diesen Tagen ganz besonders. Wir wissen, wir sind geschwächt dadurch, dass manche der Geschwistriget nicht unter uns sein können. Wir wissen, wir sind angegriffen durch jene Macht, die es nicht dulden will, dass eine Gemeinde bestehe, die nur Jesus Christus als den Herrn anerkennt, vor dem sie ihre Knie beugt. Wir brauchen die völlige Einmütigkeit. Wir halten es nicht aus, dass auch nur ein einziges Glied der Kette schwach wird, sonst reißt die ganze Kette. Wie können denn diese Glieder der Kette die Festigkeit bekommen, dass die Kette unzerreißbar bar wird, wenn die Belastungsprobe an sie gestellt wird?

Wir wissen, dass wir darauf warten müssen, ob uns Gott in seiner Gnade und Barmherzigkeit – indem er uns zurecht richtet, indem wir willig werden in unseren Herzen, gerichtet zu werden – aufs neue beschenkt mit seinem Geist. Wir wissen, dass es darauf ankommt, ob wir die Gelassenheit finden, ob wir das ungeteilte Herz haben, völlig das aufzugeben, was wir von uns halten könnten und einzig zu warten in dem Bewusstsein unserer Unfähigkeit, auf die unverdiente Gnade, dass wir von Gott aus neu geeinigt und zusammengeschlossen werden,

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von Gott aus die feste Zuversicht und Gewissheit bekommen dürfen, dass kein Glied der Kette reißen wird, wenn es an der Kette zu ziehen und zu zerren beginnt.

So wollen wir denn auch heute Abend uns ganz öffnen und wollen darauf warten, ob uns das Geheimnis der Einigung zu einer wahren Gemeinde geschenkt werden kann. Wir wollen in schweigender Andacht uns bereit halten für das, was Gott an uns tun will.