Transcribed Shorthand

Versammlungsprotokoll, 18. Juni 1931

EA 31/21

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date June 18, 1931
Document Id 20126091_33_S
Available Transcriptions German

Versammlungsprotokoll, 18. Juni 1931

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 31/21

Bruderschaftsstunde am 18. Juni 1931

Wir sprechen mit Margret Meyer [Margrit Meier] über die Einheit aller derer, die in Gemeinschaft leben. Wie verhält sich der Werkhof dazu? Wie stehen diese 6 oder 10 dort in Gemeinschaft lebenden Menschen zu den 3000 in völliger Einheit lebenden Brüdern drüben in Amerika? In welchem Verhältnis steht die Gemeinschaft eines Einzelhofes zu der über die ganze Erde lebendigen Gemeinschaft Christi? Die Gütergemeinschaft ist ja nur ein äusserer Ausdruck der Herzensgemeinschaft.

Die Schwierigkeiten liegen sichtbar zu Tage, und zwar sind sie an einer titanenhaften Überheblichkeit, an einer „Hybris“ zu erkennen, die uns als die gefährlichste Sünde erscheint.

(Max verlangt, als Führer anerkannt zu werden, er betont seine Fähigkeiten als Führer.)

Dann spielt zweifellos die Angst vor der Armut, sowohl in körperlicher materieller Hinsicht, wie in andrer Beziehung bei der Angst vor der Vereinigung eine grosse Rolle. Es wäre ja auch garnicht notwendig gewesen, dass sie alle auf den Bruderhof gekommen wären, nur hätten sie die Demut haben müssen, sich von Euch den rechten Dienst zum Anfang weisen zu lassen, von Euch sich Wegweisung und Hilfe zu holen, auch von den Menschen, die in besonderer Weise geeignet wären, im Auftrag der Gemeinde Gottes diesen Anfang zu verantworten, und diese beiden Menschen hätten einerseits eine besondere Verantwortung auch in der Schweiz gehabt und andrerseits für Euch. ... Also eine zweite Gründung hätte durchaus in Rahmen der Möglichkeiten gelegen; aber freilich ist dazu erforderlich, dass vom ersten Augenblick an alles in völliger Einheit und Einstimmigkeit geschieht.

Eberhard ist auch in Amerika von den Brüdern nach dieser Neugründung in der Schweiz gefragt worden und musste antworten: „Ich kann den Hof vor Euch nicht vertreten und kann auch die Verantwortung dafür nicht übernehmen.“ Sie haben gesagt: „Übernimm ihn doch ...“ Eberhard: „Erstens ist die

- - -

Entfernung mir zu gross und zweitens habe ich das Gefühl, dass der Eigenwille und der Ehrgeiz noch eine Rolle spielt und solange kann ich die Sache nicht übernehmen. Wäre erst der Eigenwille und Ehrgeiz gekreuzigt, dann würden auch sofort andere Verhältnisse da sein. Die Verantwortung lehnen wir durchaus ab; denn wir haben gewarnt vom ersten Augenblick an. Wir haben uns nicht immer berechtigt gefühlt, zu sprechen, weil wir nicht gefragt wurden. Wir geben auch jetzt unseren jüngsten Bruderschaftern, Fritz Leo und Trautel mit, wenn sie mit den Werkhöfern sprechen werden: Tut es mit Vorsicht und urteilt nicht! Aber eins ist uns klar: die Verantwortung tragen wir nicht, mag es gut oder schlecht gehen. In diesem Sinne sind wir nicht gefragt und beauftragt worden. Sie haben uns keinerlei Auftrag gegeben, nicht einmal den Auftrag der Korrespondenz.

Max war hier und sagte, er wollte hier lernen. Was bedeutet das? Wir verstehen das nicht? Wenn’s gut geht, wird er sich bestimmt von uns lösen. Wenn die Sache gut geht, werden wir niemals in den Denkschriften lesen, dass er hier etwas gelernt hat. Wenn’s schief geht, wird er uns die Verantwortung zuschieben.

Wie kann es schief gehen. Wirtschaftlich voraussichtlich nicht ... Wohl aber innerlich. Nach aussen hin ein gelungener Siedlungsversuch, aber nach innen hin wird die Sache schief gehen. ...

Die Grundeigenschaft des göttlichen Geistes und des Gemeinschaftsgeistes, das ist die Demut. Solange ihm die fehlt, muss er von der Gemeinschaft gerichtet und gestraft werden. Das ist Eure Aufgabe. Die Strafe des Geistes ist ja die Hilfe – ein Zurichten – ein Aufrichten. Hier ist strengste Gemeindestrafe am Platze. (auf Margrets Einwand: wir sind ja selbst alle noch nicht so weit) Wir werden dann selbst ebenso gestraft. Wir werden alle zusammen betroffen. Die Zurechtweisenden sind nicht wir, sondern es ist der Geist. Das Geheimnis der Gemeinschaft ist der uns überlegene Geist. – Je grösser der Kreis ist, je mehr verschwindet die Gefahr, dass Personen eine Rolle spielen, die Gefahr, selbst etwas zu sein. Ich denke, wir sollten mit Gutem antworten. Wir sollten einen Brief mitgeben.