Transcribed Shorthand

Versammlungsprotokoll, 1933 (Meeting Transcript, 1933)

EA 183

Additional Information
Author Eberhard Arnold
Date January 01, 1933
Document Id 20126129_11_S
Available Transcriptions English German

Meeting Transcript, 1933

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

[Draft Translation by Bruderhof Historical Archive]

EA 183

The foundation of our education and its practical execution

We speak of educating our children in the sense of guiding them because we believe that little children, who are inexperienced in life and in evil, need to be guided by somebody who is quick to recognize the dangers that threaten their souls and urges them to fight against this evil. We recognize evil in the covetous will [selfishness] that is turned away from God and acts in human self-will. In his first innocent period of childhood a child is still completely connected to creation. He has absolute trust to everything alive and talks to animals like to people. In amazement he takes everything in – great or small, the stars in the sky, the flowers in the field, the pebbles in the sand pile. There is actually nothing in the created world that does not hold his interest, that he doesn’t try eagerly to understand. The basic feature of childhood is what we consider to be the most decisive for directing our guidance: trust, amazed reverence, and self-forgetfulness. These genuinely childlike aspects reveal to us the essence of being human. If we look at humanity as a part of creation’s unity with God, created by God who is perfect unity and who always desires unity, then we will see clearly that mistrust, destructive frivolity and selfishness are murderous powers that destroy unity, wound God, and drive away his spirit.

If we speak of living human beings, we mean believing, reverent, dedicated people. If we speak of faith in God, we mean faith in unity. This, then, is the purpose of our education: to lead the children to unity, to thoughts of God and God’s will on this earth among people.

So far only one person has lived and represented this unity perfectly. Jesus was so deeply united with the Father that he was in God and God in him when he did his deeds. Yes, he established unity among people by fighting and conquering the critical hindrance to unity, the power of death that separates, destroys, and splits apart. Leading children to Jesus means leading them to unity, for there is no unity without the fight against the powers that destroy it and there is no victory over these powers without the Spirit of the power of Jesus Christ. Our entire education is rooted on this point. This is our hope, our wish, and our will. May he who overcame death be the champion and leader of our children. He himself is the power. The task of the teachers is to point to him in word and deed, in will and practice.

If the need of guilt and sin has broken into a child’s heart, it is important that the child is strengthened in his will and directed in seeking for the only power that will free him, the purifying, renewing spirit.

The purifying, uniting spirit of Jesus makes our children into a group and gives them the desire to start a Sunheart group again and again, to represent the unity they have found. How God’s unity comes down to a group of children and purifies and unites them is and remains a mystery. But in the dedicated love to everyone, in the readiness to make sacrifices and help others, in the joy of the children, we sense that the wind of the spirit is blowing.

The group of children who have experienced the spirit – the Sunheart group – forms the basis of our educational practice. What happens here cannot be made or taught by any method. What happens here through the spirit is becoming human in the sense of God and his coming kingdom. Here is the will to honesty, here is faithfulness, here is reverence to God and his creation. Above all, here is freedom. Never, never should the human will of an adult violate the children. The Sunheart group has its own order and its freedom is something definite. Only to the authority of the spirit do all bow, and this is what they call to. The Sunheart Group is directed to what is central. Here the children are gripped in the center of their lives and their whole lives, including the development of their characters, is determined. The children’s community is not something static like an organization. It is like a flower that opens in the sunshine of the spirit. But when the cold fog comes and covers the sun, it withers. Then it is really serious and it must be the innermost, sacred concern of all those involved in the children’s education, possibly also turning to the brotherhood, that life reawakens. The rousing authority of the word leader will also intervene at the right time. A fine feeling and a childlike spirit is needed to lead children inwardly. For this reason, nobody may try to do it who does not recognize the will of the spirit among the children. True children have a deep sensitivity of holy things.

Versammlungsprotokoll, 1933

[Arnold, Eberhard and Emmy papers - T.S.H.]

EA 183

Grundsätze unserer Erziehung und ihre praktische Durchführung

Gesprochen von Eberhard Arnold, abgeschrieben nach Notizen von Georg Barth.

Wir sprechen von Erziehung unserer Kinder im Sinne von Führung, weil wir glauben, dass das dem Leben und so auch das dem Bösen gegenüber noch unerfahrene Kind der Führung bedarf, die die Gefahren, die der Seele des Kindes drohen, rechtzeitig erkennt und zum Kampfe gegen das Böse aufruft. Das Böse erkennen wir in dem begehrlichen Willen, der von Gott abgewandt nach menschlichem Eigenwillen handelt.

Das Kind der ersten unschuldigen Lebensperiode steht noch so ganz und völlig in dem Schöpfungszusammenhang drin, ist so ganz vertrauend zu allem Lebendigen, dass es sich mit dem Tier unterhalten kann wie mit einem Menschen, es ist so staunend aufnehmend, alles Große wie auch alles Kleine, die Sterne am Himmel wie die Blumen auf der Wiese und das Steinchen im Sandhaufen, und es gibt eigentlich nichts von allem Geschaffenen, was nicht sein Interesse hätte, und was es mit innerster Anteilnahme zu begreifen sucht.

Die Grundzüge im Kinde also halten wir für das Entscheidende, das die Führung Bestimmende: das gläubige

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Vertrauen, die staunende Ehrfurcht und die selbstvergessende Hingabe. In diesem echt Kindhaften offenbart sich uns überhaupt das dem Menschen Wesensgemäße. Sieht man den Menschen als ein Glied der Schöpfungseinheit Gottes an, geschaffen von Gott, der die vollkommene Einheit ist, und der immer die Einheit will, so wird alles ungläubige Misstrauen, alle niederreißende Frivolität und alle ichbeschränkte Eigenliebe als die Einheit zerstörende, Gott, den Einen, verletzende, seinen Geist verscheuchende und den Menschen tötende Macht klar. Meinen wir aber den lebendigen Menschen, so meinen wir den gläubigen, ehrfürchtigen, hingegebenen Menschen, und meinen wir den Glauben an Gott, so meinen wir den Glauben an die Einheit. Darin sehen wir den Sinn unserer Erziehung: hinzuführen zur Einheit als zum Gottesgedanken und Gotteswillen auf dieser Erde unter den Menschen.

Diese Einheit hat bisher nur ein einziger in vollkommener Weise gelebt und dargestellt. Jesus war so eins mit dem Vater, dass er in Gott und Gott in ihm die Werke tat. Ja, er begründete die Einheit unter den Menschen, indem er das entscheidende Hindernis, die zerspaltende, zertrennende und verderbende Macht des Todes bekämpfte und besiegte. Zu ihm, zu Jesus führen, bedeutet also unsere Kinder zur Einheit zu führen; denn es gibt keine Einheit

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ohne den Kampf gegen die einheitszerstörenden Mächte, und es gibt keinen Sieg über diese Mächte ohne den Geist der Kraft Jesu Christi. An diesem Punkt ist unsere ganze Erziehung verankert; das ist unsere Hoffnung, unser Wunsch und unser Wille. Er, der den Tod überwand, sei der Vorkämpfer und Führer unserer Kinder. Er selbst ist die Kraft. Die Aufgabe der Erzieher ist es auf ihn hinzudeuten in Wort und Tat, in Wille und Weg.

Wenn einmal über das Kind die Not des Abfalls und der Schuld hereingebrochen ist, so wird es sich darum handeln, dass das Kind in seinem Willen erstarkt und in seinem Suchen fest gerichtet wird auf die alleinige, lösende Kraft des reinigenden und erneuernden Geistes. Die Tatsache des Reinigenden und Einigenden nun wirkt unter unsern Kindern die Gemeinschaft unter sich und den Willen, immer wieder die Kindergemeinde oder den Sonnentrupp aufzurichten und so die geschenkte und empfundene Einheit darzustellen. Wie nun die Gotteseinheit sich auf die Kinderschar herabsenkt und da die Kraft der Reinigung und Einigung wirkt, ist und bleibt Geheimnis. Aber man spürt es an der hingegebenen Liebe zu allen Menschen, an der Opferbereitschaft und Hilfsbereitschaft und an der Freude der Kinder, dass hier der Wind des Geistes weht. Die vom Geist betroffene Kinderschar – der

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Sonnentrupp – bildet die Grundlage unserer Erziehungspraxis. Was hier geschieht, kann durch keine Methode gelehrt werden, oder gar besser gemacht werden. Sondern was hier durch den Geist gewirkt wird, ist das Mensch Sein im Sinne Gottes und seines kommenden Reiches. Hier ist der Wille zur Wahrhaftigkeit, hier ist die Treue zur Sache, hier ist die Ehrfurcht vor Gott und seiner Schöpfung. Vor allem ist hier Freiheit. Niemals und nimmer soll der menschliche Wille eines Erwachsenen die Kinder vergewaltigen. Der Sonnentrupp hat durchaus seine Geistesordnung, sodass die Freiheit etwas ganz Bestimmtes ist. Allein der Autorität des Geistes beugen sich alle und dazu wird aufgerufen. Im Sonnentrupp herrscht die Richtung auf das Zentrale. Dort wird das Kind im Zentrum seines Lebens ergriffen, und das ganze Leben, wie auch die Entwicklung seines Charakters wird von da aus bestimmt.

Die Kindergemeinde ist nun nicht etwas Ständiges wie eine Organisation, sondern sie ist wie eine Blume, die aufblüht unter der Sonne des Geistes. Doch wenn die kalten Nebel kommen und die Sonne bedecken, dann verdirbt sie. Dann aber ist wirkliche Not, und sämtlichen mit der Erziehung der Kinder Beauftragten muss es innerstes, heiliges Anliegen, eventuell auch an die Bruderschaft sein, dass das Leben wieder erwacht. Vor allem aber wird die er-

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weckende Kraft des Wortführers zur rechten Stunde eingreifen. Es gehört ein feines Gefühl und ein recht kindlicher Geist dazu, Kinder im tiefsten Innersten zu führen. Darum darf es niemand tun, der nicht den Willen des Geistes in den Kindern bereits erkennt. Wahre Kinder haben eine tiefe Keuschheit vor den heiligsten Dingen.

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Welches sind die wesentlichen Momente unseres Erziehungsgedankens?

Worte von Eberhard Arnold, abgeschrieben nach Notizen von Georg Barth.

1. Das Kind ist den Naturkräften noch natürlich näher. Es handelt demgemäß instinktiv in selbstvergessener Hingabe, und es geht von einer Atmosphäre des gläubigen Vertrauens und der staunenden Ehrfurcht aus. Diese vom urquellenden Leben herkommende Atmosphäre muss von den Erziehern aufgenommen und mitempfunden werden. Das bedeutet Kameradschaft in der gleichen Freude am Wesentlichen.

2. Wir sind weit davon entfernt, das Kind für absolut gut zu halten, sondern wir wissen, dass das Kind auch von den Mächten der Ichgier, Unwahrhaftigkeit usw. bestürmt wird. In dieser Beziehung wird das, was vorher mit Kameradschaftlichkeit der Beziehungen genannt wurde, ein „auf der gleichen Bank sitzen“. Nur, dass das Kind noch unerfahrener, gewissermaßen unschuldiger ist. Hier bedeutet Erziehen ein Kämpfen Schulter an Schulter, in dem nur ein einziger vorangeht, nämlich: Jesus Christus. Nicht der Erzieher kann das Kind und nicht der Schüler kann den Lehrer bekämpfen in seiner Unliebe

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und Unwahrhaftigkeit. Auf dieser Basis ist das unmöglich; sondern erst, wenn wir empfinden, dass wir alle auf der gleichen Bank sitzen und gemeinsam der Kraft von oben bedürfen. Es gibt also keinen Kampf gegen das aufkeimende Böse im Kinde, bevor wir nicht erst auf der gleichen Bank sitzen, d.h. das liebende Vertrauen gegenseitig gewonnen haben, und dann erst wird vom gemeinsam gefassten Standpunkt der Feind in Angriff genommen werden können. Wie schon gesagt, liegt im Wesen des Kindes sich einer Atmosphäre des Vertrauens zu öffnen und sich hinzugeben. Solange nicht eine Einheit besteht zwischen unserem Erkennen und Wollen und praktischen Handeln, so lange kann nicht von einer Erziehungsgemeinschaft die Rede sein. Wird dieser Zustand aber chronisch, so muss es zu einer gefährlichen Knochenerweichung mit endlicher Auflösung führen.